Ó¢»ÊÓéÀÖ als Treiber des Wandels

In der Coronakrise gedeihen virtuelle Austauschformate als Alternativen zum Fliegen. Das er?ffnet Chancen, um die Erfahrungen sinnvoll f¨¹r eine nachhaltige Mobilit?t von morgen zu nutzen.

Videokonferenz im Home Office
Videokonferenzen k?nnten das Fliegen bald ersetzen. (Bild: Colourbox)  

Die ETH Z¨¹rich ist vor allem f¨¹r ihre exzellente Forschung und Lehre bekannt. Sie unternimmt aber auch viel, um auf ihrem Ó¢»ÊÓéÀÖ nachhaltige Prinzipien zu leben und auf diese Weise in die Gesellschaft zu tragen. ?Unsere Entscheidungen und Handlungen haben gerade bei Klimafragen eine wichtige Vorbildfunktion?, sagt Ulrich Weidmann, Vizepr?sident f¨¹r Personal und Ressourcen. Entsprechend setze die ETH viel daran, nachhaltige Ans?tze in den Forschungs-, Lehr- und Arbeitsbetrieb zu integrieren.

Ein Stab f¨¹r Nachhaltigkeit und eine Anlaufstelle f¨¹r Mobilit?tsfragen verdeutlichen den Anspruch: ETH-Sustainability vernetzt Akteurinnen und Initiativen im Bereich Nachhaltigkeit und setzt eigene Projekte um ¨C etwa das ?ETH-Klimaprogramm Gastronomie?, in dem die Caterer das Essensangebot auf dem Ó¢»ÊÓéÀÖ umweltschonend gestalten. Die Mobilit?tsplattform ist Drehscheibe f¨¹r klimafreundliche Dienstreisen und Ó¢»ÊÓéÀÖmobilit?t. Eine wegweisende Initiative ist das Projekt zur Reduktion von Flugreisen, das Weidmann im Fr¨¹hjahr 2017 lancierte. Die Pandemie hat dem virtuellen Austausch als Alternative zu Flugreisen unverhofft zu neuer Dynamik verholfen.

Aus der Krise lernen

Homeoffice, Online-Lehre und virtuelle Konferenzen: Im Zuge von Corona haben digitale Kommunikationsl?sungen einen starken Schub erfahren. ?Die vergangenen Monate haben gezeigt, was alles m?glich ist?, sagt Susann G?rlinger, Leiterin des Flugreisen-Projektes. Nun gehe es darum, das Momentum f¨¹r eine nachhaltige Mobilit?t im Wissenschaftsbetrieb zu nutzen. Dass die neue Flugabstinenz nicht freiwillig erfolgt, dessen ist sich G?rlinger bewusst. Dennoch sei es eindr¨¹cklich, wie rasch Menschen ihre Verhaltensroutinen ?ndern k?nnen.

G?rlinger muss es wissen. Seit vier Jahren orchestriert sie den ETH-weiten Ver?nderungsprozess in Sachen Fliegen. Unter dem Leitsatz ?Stay grounded ¨C keep connected? will das Projekt den CO2-Austoss aus dienstlichen Flugreisen reduzieren. Video-Konferenzen sind seit Beginn eine Hauptmassnahme. Das Vorhaben gilt vor allem deshalb als ambitioniert, weil es ETH-Angeh?rige zu einer selbstbestimmten Verhaltens?nderung anregen will und langfristig einen Wertewandel im Wissenschaftsbetrieb anstrebt. Damit hat die ETH als eine der ersten Hochschulen weltweit einen gravierenden Zielkonflikt adressiert: Forschung braucht internationalen Austausch, doch gerade Hochschulen sollten klimabewusst agieren. Zu lange war Austausch praktisch gleichbedeutend mit Fliegen.

In der Krise ?ndert sich das nun. ?Die Bereitschaft, sich auf virtuelle Austauschformate als Alternative zu Flugreisen einzulassen, ist im Fr¨¹hjahr erwartungsgem?ss deutlich angestiegen?, weiss G?rlinger. Dies geht auch aus einer laufenden externe SeiteOnline-Umfrage zu Erfahrungen mit virtuellen Veranstaltungen hervor, die das Flugreisen-Projekt zusammen mit dem geographischen Institut der Universit?t Heidelberg seit Anfang M?rz durchf¨¹hrt.

Virtuos, aber nicht beim Kaffee

?Verlegt man Veranstaltungen in den virtuellen Raum, ergeben sich bei Weitem nicht nur Vorteile f¨¹r die Umwelt?, betont G?rlinger. Es kostet auch weniger, spart Zeit und gilt als familienfreundlich. Kurz: Virtuell ist meist nicht nur ?kologischer, sondern auch ?konomischer und sozialer. Dies nicht zuletzt, weil auch Regionen und Gemeinschaften mit geringerem Budget an Konferenzen teilnehmen k?nnen. Ein gewichtiger Nachteil: informelle Formate wie Kaffeepausen, um pers?nlich auf einzelne Teilnehmende einzugehen, lassen sich schwer durch virtuelle Formen ersetzen.

Das Flugreisen-?Projekt wird wissenschaftlich von Agnes Kreil begleitet. Sie ist Doktorandin im Transdisciplinarity Lab der ETH Z¨¹rich und Psychologin. Kreil ortet zwar vereinzelt auch Stimmen, die Corona lediglich als Episode betrachten, die es durchzustehen gilt, um danach genau wie vorher weiter zu machen. ?Bei meisten ist jedoch ein Umdenken zumindest im Ansatz erkennbar?, meint sie.

Das Momentum aufrechterhalten

Reicht das f¨¹r einen anhaltenden Wandel? Psychologin Kreil sagt es so: ?Wir wissen nun, wie man ein virtuelles Meeting macht. Bleiben wir stehen und monieren nur die Schw?chen, dann verpuffen die Impulse.? Um die Verhaltens?nderung ¨¹ber Corona hinaus zu erhalten, m¨¹ssten wir kreativ sein und attraktive Formate finden, auch f¨¹r Online-N?he, damit die Leute teilnehmen wollen.

G?rlinger erg?nzt: ?Die Verantwortung liegt hier nicht allein beim Individuum ¨C es braucht die Institutionen mit den richtigen Rahmenbedingungen.? Deshalb sucht das Flugreisen-Projekt laufend innovative Tools, Tipps und Formate, die sie als Best-Practices auf ihrer Website verf¨¹gbar macht. Gerade f¨¹r gr?ssere Veranstaltungen fehlten solche Beispiele oft. Zudem sind weitere Umfragen geplant, etwa im Akademischen Mittelbau und bei den Studierenden, um deren Einstellungen und Informationsbed¨¹rfnisse in Sachen Flugreisen zu erkunden.

G?rlinger bringt das Flugreisen-Projekt in vielen Netzwerken und Gremien ein. Ihre Erfahrung stossen national und international bei Hochschulen und anderen Organisationen auf reges Interesse. Zahlreiche Universit?ten haben bereits ?hnliche Initiativen gestartet. Sollte dem Flugreisen-Projekt der anvisierte Wertewandel gelingen, k?nnte die ETH ihre Vorreiterrolle wohl halten oder gar ausbauen. Schliesslich k?nnte ein bewusster Umgang mit dem Fliegen auch der breiten Gesellschaft als Vorbild dienen.

Dieser Text ist in der Ausgabe 20/04 des ETH-Magazins Globe erschienen.

Zur Person

Ulrich Weidmann ist Professor f¨¹r Verkehrssysteme und seit dem 1. Januar 2016 Vizepr?sident f¨¹r Personal und Ressourcen der ETH Z¨¹rich.

Susann G?rlinger leitet das Flugreisen-Projekt.

Agnes Kreil ist Doktorandin im Transdisziplinarity Lab und begleitet das Flugreisen-Projekt wissenschaftlich.
 

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